Ein ziemlich verrotztes Weihnachten
Mitleid heischend saß er da, zusammengesunken und mit seinen geröteten blutunterlaufenden Augen blinzelnd. In jedem seiner Nasenlöcher steckte der Zipfel eines großen karierten Taschentuches. Zwei karierten Fahnen gleich, baumelten sie vor der Brust des “Ach so Leidenden”. Mit Weihnachtseinkäufen schwer bepackt war ich nach Hause gekommen und wollte mich gerade über unseren winzigen Zweipersonenweihnachtsbaum hermachen, um ihn mit Selbstbebasteltem zu schmücken, da fiel mein Blick auf meinen seinerzeit noch nicht Angetrauten, der einen Tag vor Weihnachten wirklich keine sehr gute Figur abgab.
Mir war inzwischen hinlänglich bekannt, dass Männer auch den simpelsten Schnupfen in ein unvergleichliches Drama verwandeln, doch das, was sich mir jetzt bot, übertraf alles bisher erlebte.
Etwas genervt fragte ich ihn, zu was diese wohl ganz leicht übertriebene Aufmachung gut sein sollte. Schniefend und nicht unbedingt gut verständlich, kam es hinter den Taschentüchern hervor, er brauche etwas, um den Strom des Sekretes dort zu stoppen, wo es entstand, um nicht gezwungen zu sein, ständig zu schnauben. Sein Blick heischte etwas zu viel Mitleid, für meinen Geschmack. So komisch und skurril wirkte diese Theatralik, dass ich mir ein Grinsen nicht verkneifen konnte, welches er mit einem vernichtenden Blick quittierte.
So sehr diese Jammergestalt auch zum Lachen reizte, so wenig war mir tatsächlich zum Lachen zumute, wenn ich an das bevorstehende Weihnachtsfest dachte, mit diesem Schnupfenmonster an meiner Seite!
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