Zwei Feuerwehrmänner…
Dass ich innerhalb einer reinen Männerdomäne mit nur einer Handvoll Frauen arbeiten sollte, betrachtete ich eher als Abenteuer. Was es aber bedeutete, von den Umkleidekabinen aus, sich quer durch die ganze Halle an den johlenden und pfeifenden Arbeitern der Lackiererei der Endproduktion von Daimler Benz vorbei zur Polsterei durchzukämpfen, war tatsächlich ein Abenteuer der besonderen Art. Die Herren der Schöpfung taten jeden Tag aufs Neue so, als hätten sie just zum ersten Mal in ihrem Leben eine Frau gesehen. War ich dann sicher an meinem Arbeitsplatz an meiner Nähmaschine angelangt, waren die gierigen Blicke der Männer, die in einer Art Glaskasten der Polsterei, die Autositze herstellten, unübersehbar. Ich nahm es mit Humor, was sollte ich auch sonst tun? Mich über derlei zu ärgern, fand ich zu dumm, denn das Gestarre und Gepfeife meiner Kollegen war ja auch eine unüberhörbare Anerkennung.
Eines Tages stand Basti, der einzige Lehrling der Polsterei, verlegen neben meinen Arbeitsplatz und druckste merkwürdig herum. Sonst war er nicht gerade auf den Mund gefallen und nahm denselben auch ziemlich voll. Was war los, was wollte er? Er kam nicht raus mit der Sprache… Sein Gedruckse dauerte an. Ich dürfe aber nicht böse sei über das, was er jetzt sage. Nein, beteuerte ich, ganz gewiss nicht und arbeitete derweil weiter. Mir schwante nichts Gutes. Endlich jedoch rückte er damit raus, dass er sich von einem Kollegen der Polsterei habe schicken lassen, um mir auszurichten, er deutete auf den verlegen grinsenden Türken hinter der Glasscheibe, ich sei so ziemlich das Geilste was ihm begegnet sei und wenn er könnte wie er wolle, dann würde er mich….es folgte etwas ganz und gar nicht Stubenreines.
Basti sah unsicher auf mich an meiner Maschine eisern weiter Arbeitende herunter und wartete neugierig auf meine Reaktion. Alles hatte ich erwartet, aber nicht das. Ich schluckte schwer. Was sollte ich antworten? Konnte ich darauf überhaupt antworten, nein, besser nicht! Ich versuchte, ihn und den mich schief durch die Scheibe Angrinsenden, anzulächeln, als sei nichts geschehen. Sollte ich hier auf die Probe gestellt werden, sollte ich hier verarscht werden? Was war hier los?
Es verging noch einige Zeit, bis ich kapierte, dass dies was mir da widerfahren war, als eine Art Kompliment gedacht war und dass dies hier halt der Umgangston zu sein schien.
Die nächste Prüfung dieser Art ließ nicht lange auf sich warten. Ein paar Wochen später, ich machte gerade an meiner Nähmaschine sitzend Frühstückspause, fragten mich zwei mir völlig fremde Männer, ich hatte sie noch nie zuvor gesehen, ob sie sich zu mir setzen dürften. Sie rückten zwei Stühle heran und platzierten sich genau vor mich. Angenehm war mir diese Störung nicht, denn meine Pause hatte ich mir anders vorgestellt. Ich machte jedoch gute Miene zum bösen Spiel. Es dauerte nicht lange und sie rückten ohne große Umschweife mit dem raus, was sie auf dem Herzen hatten: Sie seien Werksfeuerwehrmänner, hätten mich gesehen, mich beobachtet und der eine der beiden wolle mich fragen, ob ich ihn heiraten würde. Bums, das saß! Der Antragsteller schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein, denn er hatte den Antrag ohne die kleinste Unsicherheit vorgetragen.
War ich hier im falschen Film, was ging hier ab? Sollte ich ihnen böse darüber sein? War das ein erneuter Versuch, mich zu verkohlen? Die beiden wirkten jedoch nicht im Mindesten so. Ich musste mich also wohl damit abfinden, in dieser Männerwelt nur ein Objekt zu sein und dass meine Kollegen darüber hinaus die Polsterei anscheinend als Heiratsmarkt betrachteten.
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