Der Kotzbrocken

Ein verräterischer Fleck an der Decke

Die Tatsache, dass die Spüle in meiner winzigen Küche zwar ganz normal wirkte, ihr jedoch der Überlauf fehlte, sollte mich noch in eine recht unangenehme Situation bringen. Eines Tages, ich hatte morgens bevor ich zur Arbeit ging noch in aller Eile meine Tasse samt Untertasse und Teller abgewaschen, das Abwaschwasser der Bequemlichkeit halber jedoch in der Spüle gelassen, denn wiegesagt ich hatte es eilig und war wie meist spät dran.Ich mußte um jeden Preis noch meine Straßenbahnlinie erwischen. Was ich mir jedoch in meiner allmorgentlichen Hetzerei entging, war der tropfende Wasserhahn. Ich lief aus dem Haus und dachte selbstverständlich einen ganzen Tag weder an die Spüle noch an besagten Überlauf. Als ich nun nichtsahnend acht Stunden später meine Küche betrat, sah ich mit Erschrecken, dass der Wasserhahn inzwischen nicht nur stärker tropfte als am Morgen, sondern auch dafür gesorgt hatte, dass die Spüle übergelaufen war. In Windeseile begann ich den Stöpsel zu entfernen, das Wasser rauszulassen und die Wasserspuren zu entfernen. Ich untersuchte den Holzboden unterhalb der Spüle und fand irritierenderweise nicht die geringsten Spuren dessen, was da passiert war. Nichts schien vom übergelaufenen Wasser durch die Holzdielen nach unten gelaufen zu sein. Prima, dachte ich, dann würde wohl auch niemand außer mir Wind von der Angelegenheit bekommen und ging beruhigt zur Tagesordnung über.
Da hatte ich mich allerdings gründlich geirrt. Im Laufe des Abends klopfte es ernergisch an meiner Tür. Herr Köstermann, mein Vermieter stand draußen und teilte mir höchst ungehalten mit, im Stockwerk unter mir gäbe es einen riesigen Wasserfleck an der Badezimmerdecke. Ob ich der Verursacher dieses Flecks sei? „Nein, wieso?“ fragte ich mit dem harmlosesten Gesicht der Welt zurück und mit grauenhaft hämmerndem Herzen. Ich könne ihn mir den Fleck übrigens ansehen, setzte er ungerührt hinzu. Ich tat es, stand mit ihm in seinem Badezimmer, starrte mit ihm zusammen an die Zimmerdecke, an der besagter riesiger dunkler Fleck prangte und beteuerte erneut so treuherzig wie möglich, nicht zu wissen, wie dieser Wasserschaden zustande gekommen sei.
Er fragte, ob er meine Küche untersuchen dürfe, denn ich merkte, dass er mir selbstverständlich kein Wort glaubte.
Herr Köstermann kniete unter meiner Spüle und untersuchte intensivst, man hätte es pedantisch nennen können, die Bodendielen nach Wasserspuren ab. Irgendetwas konnte hier nicht mit rechten Dingen zugehen. Es war ihm deutlich anzusehen, dass er mir nicht über den Weg traute. Da er mir jedoch mein Vergehen nicht nachweisen konnte, blieb ihm nichts weiter übrig, als die Sache wohl oder übel auf sich beruhen lassen.

Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert