Ein Bild von mir

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    Defilée

    Irgendwann im Herbst des zweiten Semesters fand sie statt, unsere erste Modeschau und zwar dort, wo auch schon alle vorherigen der Modeschule stattgefunden hatten, in den Rheinterrassen. Dieses jährliche Ereignis war stets mit großem Wirbel verbunden und es sorgte unter uns für eine nicht gelinde Aufregung, denn es war eine öffentliche Veranstaltung.

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    Der schlafende Mann

    Um morgens in relativer Ruhe die halbe Stunde Eisenbahnfahrt nach Düsseldorf verbringen zu können, stieg ich stets in das Abteil direkt hinter der Lok, das meist aus unerfindlichen Gründen gähnend leer war. Dies kam meinem Wunsch entgegen morgens vor der Schule noch ein wenig allein zu sein, um zum Nachdenken und zur Reflexion zu kommen. Mitunter packte ich sogar meinen Zeichenblock aus und übte Zeichnen.
    Eines Morgens blieb ich jedoch in meinem Abteil nicht allein, die Schiebetür öffnete sich und ein sehr gepflegt aussehender Mann mit Vollbart setzte sich mir gegenüber ans Fenster.

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    Exotin…

    So ungern ich kurz zuvor noch zur Schule gegangen war, so gerne ging ich jetzt zur Berufsschule. In Frau Zantops Atelier war ich die Niedrigste in der Hierarchie, ein Nichts. Hier, wo alle Schneiderlehrlinge ganz Essens in einem Jahrgang versammelt waren, war ich Gleiche unter Gleichen. Hier gab es keine hierarchischen Unterschiede. Es machte mir wirklich fast alles Spass, jedes Fach und war es noch so stumpfsinnig, sogar Religion und Hauswirtschaft. Alles war besser, als Dinge tun zu müssen, bei denen ich ständig als Versager dastand.

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    Eine Dame geht nur mit Hut

    Er, war aus grau-blauem Pepitastoff und passte toll zu meinem Mantel in gleicher Farbe und Muster und war mein erster überhaupt. Er war hinten hochgeklappt und hatte vorn einen kleinen Schirm. Ich war sehr stolz auf ihn, meinen ersten Hut und glaubte,  totchick auszusehen. Ich trug ihn jeden Tag zur Arbeit, wenn das Wetter nicht zu heiß war und ich trug ihn auch in der Berufsschule in den Pausen, auf dem Schulhof. Ich trug ihn stolz und ganz selbstverständlich und ich bemerkte in meinem Eifer überhaupt nicht, dass außer mir kein anderer Schüler so etwas tat. Mitunter fing ich schon seltsame Blicke auf, was mich allerdings nicht im mindesten irritierte. Eines Tages allerdings, während der Hofpause, ging ein Mitschüler in die Offensive. Mit anderen Burschen grinsend an mir vorbeischlendernd sagte er laut und deutlich in meine Richtung:
    „Eine Dame geht nur mit Hut!“ Da hatte er zweifelsohne recht und ich begriff wirklich nicht, was daran so amüsant war, dass die blöden Bengel derart feixen mußten. Von dem Tag an ließ ich ihn, um irgendwelchen Ignoranten den Wind aus den Segeln zu nehmen, im lieber im Klassenraum.