Wolle, nichts als Wolle!!!
Es gab Zeiten, da konnte ich, wenn ich dieser bunten und flauschigen Knäule angesichtig wurde, nicht widerstehen. Ich musste sie einfach haben. Seinerzeit allerdings strickte fast jeder. Conny, eine ehemalige Schulkameradin strickte sogar in aller Seelenruhe während des Schulunterrichts. Wie sie es packte sich auf beides zugleich, auf die Lehrer bzw. den Schulstoff und gleichzeitig auf ihr Strickzeug zu konzentrieren ist mir heute noch schleierhaft. Irgendwie bekam seinerzeit Ende der Siebziger niemand einen Verweis dafür im Unterricht gelegentlich etwas unkonzentriert zu sein, denn Stricken war in, megain würde man heute sagen. Wie gesagt jeder strickte und trug selbstverständlich auch sein Selbstgestricktes. Wollläden, die das Material dazu lieferten gaben es in rauen Mengen und das Angebot an Wollen und Garnen geradezu paradiesisch.
Ende der Neunziger verschwand der Wollboom irgendwie von heute auf Morgen. Die Wollgeschäfte machten nach und nach Pleite. Niemand wollte anscheinend mehr kreativ sein und Selbstgemachtes tragen. Stricken hatte mit einmal den Anschein des Spießigen. Natürlich gab es noch ein paar Hartnäckige, also Frauen, die sich auch vom schrumpfenden Wollangebot nicht irritieren ließen und trotz allem weiter nadelten. Dazu gehörte auch ich. Ich hatte mir ja im Lauf der Jahre einen Bestand an Strickmaterial zugelegt von dem ich zehren konnte. Dummerweise weigerten sich meine Kinder, inzwischen Teenager plötzlich Selbstgestricktes zu tragen, denn das war ja inzwischen megaout und selbstverständlich längst bei den Kids angekommen. Vor allem mein Sohn glaubte, das sei so was von unmöglich mit solch einem Teil in der Schule zu erscheinen…
Also blieb ich allein übrig, als letzter Mohikaner sozusagen, mit einem Arsenal an Wollbeständen, hatte außer mir selbst und meinem Mann niemanden für den ich noch stricken konnte. Mich in Form von Wolle auszutoben wurde radikal gebremst.
Und da es etwas öde ist auf die Dauer nur für sich selbst Pullover zu stricken ließ auch ich es irgendwann sein.
Meine Restebestände verkaufte ich per Internet, einiges sogar nach Kanada, denn dort scheint Stricken nach wie vor nichts von seiner Popularität eingebüßt zu haben.
Inzwischen allerdings scheint es auch bei uns in punkto Wolle wieder aufwärts zu gehen. Ist mir jedenfalls zu Ohren gekommen.