Das Bad in Persilauge
Vor nichts hatte mein Vater so große Abneigung wie sich Wasser in die Badewanne laufen zu lassen und darin zu baden. Diese Abneigung schien unüberwindlich zu sein und keine Überredungskünste seitens meiner Mutter oder der Hinweis angesichts zweier Bäder, die wir unser Eigen nannten, fruchteten das Geringste. Er wusch sich zwar jeden Morgen, wie gründlich ist mir nicht bekannt, jedoch mit mehr Wasser als ein Waschbecken voll, wollte er ums Verrecken nicht Bekanntschaft machen. Die entspannende Wirkung eines wunderbar duftenden, warmen Bades ließ ihn scheinbar völlig kalt. Die spöttische Bemerkung meiner Mutter, dass die beste Unterwäsche einen Körper nicht von Schmutz befreien könnte, prallte an ihm ab.
Sowohl meine Mutter als auch ich ließen allerdings nicht locker, wollten den Grund für seine Badeangst heraus bekommen. Nach längerem Nachstochern, vielen ironischen Bemerkungen bezüglich seines langsam etwas merkwürdigen Geruchs, den er jedoch für völlig in Ordnung und für ein durchaus positives männliches Attribut hielt, kam er endlich raus mit der Sprache. Äußerst aufgebracht platzte es aus ihm heraus, er hätte Angst sich nach dem Baden zu erkälten. Sein durch das warme Bad erhitzter Körper sei dafür höchst anfällig, deshalb, wenn er als Kind aus der Badewanne stieg, hätte ihn seine Mutter sofort in ein am Ofen erwärmtes Handtuch gehüllt und abgetrocknet und danach hätte sie ihm erwärmte Unterwäsche angezogen. Er sei nicht gewillt sich heute, da ihm niemand mehr diesen Liebesdienst zukommen ließe, eine Erkältung oder noch Schlimmeres zuzuziehen.
Den Einwand, dass auch wir anderen Menschen nicht stürben, wenn wir nicht nach dem Bad in wärmende Tücher und Wäsche gehüllt würden, ließ er nicht gelten. Meine Mutter allerdings interessierten diese Erklärungen nicht die Bohne. Sie sagte ihm klipp und klar, dass sie nicht gewillt sei einen dauerhaft müffelnden Menschen neben sich zu ertragen. So setzte sie meinem Vater weiterhin zu, bis es ihm eines Tages zu bunt wurde und er sich Badewasser einließ und von meiner Mutter ein Mittel mit dem sie Wäsche wusch verlangte. Was er damit wolle, wollte sie wissen. Selbstverständlich als Badezusatz verwenden, war seine lapidare, äuerst kurze Antwort. Er brauche, da er ja in unseren Augen sehr schmutzig sei, etwas wirklich Wirksames, um sich zu säubern. Mit diesen Worten und der Packung Persil verschwand er im Bad. Wir konnten es nicht glauben, dass jemand sich freiwillig so etwas antat und starrten ihm ungläubig hinterher.
Nach dieser Badeorgie in Seifenlauge, die etwas länger als normal dauerte, erschien er zum Frühstück als sei nichts Besonderes geschehen.


