Eierschalen am Wegesrand
Es war mein zweites Osterfest in der Eifel. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich am Ostersonntagmorgen Schokoladeneier im Garten suchen dürfen. Was für ein Abenteuer. Es war ein großer, aber ein zum überwiegenden Teil Nutzgarten, den meine Mutter nötig brauchte, um unser Überleben nach der Flucht aus der DDR zu sichern. Auch meinen schon vor Ostern aus Missgunst angebissenen und so geschändeten großen Schokohasen fand ich in einem der Nester.
Viele Nester waren es jedoch nicht, die mein Vater im Garten verteilt hatte und sehr viele Schokoladeneier waren auch nicht drin, dafür umso mehr von den kleineren oder größeren knallbunten preiswerteren viel zu süßen Zuckereiern. Egal, so ein tolles Ostern hatte ich noch nicht erlebt. Die Sonne schien schon richtig warm, so dass meine Mutter mich nur knapp davon abhalten konnte mit Kniestrümpfen nach draußen in den Garten zu rennen. Ich fand an diesem Morgen einfach alles Klasse. Ich hatte keine Abreibung bekommen, wegen des angefressenen Osterhasen, den ich meiner fünf Jahre jüngeren Nichte nicht gegönnt hatte aber der wie sich dann herausstellte gar nicht für sie bestimmt war. Was konnte mir schon noch groß passieren? Mich packte der Übermut. Ich wollte anderen auch etwas Gutes tun, selbst auch Ostereier verstecken. Meine Zucker und Schokoeier allerdings wollte ich dazu nicht opfern. Also nahm ich unsere inzwischen leeren weißen Frühstückseier mit den abgeschlagenen Köpfen und drapierte sie wie zufällig unserem Haus gegenüber am Wegesrand dicht an der Mauer zum Pfarrersgarten. Dann legte ich mich auf die Lauer. Ich stellte mir in meiner Phantasie vor, wie vorbeigehende Dorfbewohner sich erstaunt bücken würden nach den weißen Eiern, sie dann hochnehmen um verblüfft festzustellen dass sie statt einem unversehrten, ein leeres Ei in der Hand hielten. Wenn ich geglaubt hatte, es gäbe am Ostermorgen einen regen Personenverkehr an der Pfarrhausmauer entlang zur Brücke über die Nims einem kleinen Flüsschen am Ortrand, dann hatte ich mich gründlich getäuscht. Es war den ganzen Vormittag nichts, aber auch rein gar nichts los auf der engen Straße, die an unserem Haus und dem großen Hof davor entlanglief. Nicht ein Dorfbewohner kam vorbei, außer den Fehrings unseren Vermietern, die mit ihren beiden Kindern Anita, meiner Freundin und Jetta ihrer kleinen Schwester zur Messe gingen. Aber auch die bückten sich zu meiner großen Enttäuschung nicht nach meinen versteckten Eiern, gingen achtlos daran vorbei. Enttäuscht beschloss ich meinen Beobachtungsposten aufzugeben und mein Interesse meinen eigenen Ostereiern zuzuwenden.