Die Katze in der roten Baskenmütze

Nur ein kleines Spielzeugauto?

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© 2008 by Barbara Wenzel-Winter

Da stand er nun vor mir, der riesige Rotgekleidete mit dem weißen angeklebten Bart, und hielt mir seinen geöffneten Sack vor die Nase. Ich starrte ihn erschrocken, unfähig mich zu bewegen, voller Angst an. Meine Mutter stieß mich ermunternd an, ich solle endlich in den Sack greifen und mir etwas aus der dunklen Tiefe heraus rausholen. Während ich den riesigen Falschbärtigen entgeistert fixierte, griff ich in den Sack und zog ein winziges Spielzeugauto heraus. Der Weihnachtsmann auf der sozialistischen Weihnachtsfeier der Be- und Entwässerung Ostberlins war schon eine lange Reihe von Kindern und Müttern abgeschritten, bevor er zu mir gekommen war. Meine Mutter flüsterte mir etwas genervt zu, warum ich mir unbedingt das Auto hätte aussuchen müssen. Ich antwortete nicht, denn die Furcht, der Weihnachtsmann könnte sich umdrehen und unvermutet zu mir zurückkommen, steckte mir noch in den Gliedern.
Natürlich war das, was ich da aus dem Sack gegriffen hatte, nicht das Tollste, aber besser dieser Weihnachtsmann verzog sich ganz schnell auf Nimmerwiedersehen, als dass ich mich über das mickrige Geschenk beklagte! Dumm war in dem Falle nur, dass dieses, von mir so gefürchtete, Wesen eben  für die Weihnachtsgeschenke zuständig war. Und da ich mir nun das, wohl für einen Jungen gedachte Auto herausgeholt hatte, war’s das wohl für dieses Jahr.
Plötzlich stand da jemand mitten im Saal, klatschte in die Hände und bat um Ruhe. Der Weihnachtsmann hätte ihn gebeten den anwesenden Kindern auszurichten, er hätte im Nebenraum einige Geschenke für uns zurückgelassen. Dieser von mir so gefürchtete Weihnachtsmann schien doch nicht ganz so übel zu sein, wie ich zunächst vermutet hatte. Jedes Kind bekam daraufhin sein “richtiges” Geschenk und in meinem Fall war dies eine wunderhübsche Negerpuppe mit Schlafaugen.

Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

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