Ein furzendes Katerchen

Frösche im Wohnzimmer…

… und eine Amsel im Bad
Eines morgens saß eine junge, noch flugunfähige Amsel auf dem Rasen unseres Gartens. Es sah so aus, als wäre das  arme Amselkind mutterlos. Meine Mutter erbarmte sich seiner, nahm es mit ins Haus und setzte es auf den Handtuchhalter in unserem zweiten, nicht sehr oft benutzten Badezimmer. Was tun mit dem gefiederten kleinen Wesen? Es piepste anhaltend jämmerlich nach seiner Mutter und nach Nahrung, während es uns nach Amselart misstrauisch beäugte.
Irgendetwas musste es zu Essen bekommen. Da wir nicht die geringste Lust hatten, den Boden im Garten nach Regenwürmern für unseren kleinen Gast zu durchsuchen und es auch nicht übers Herz brachten, ihn verhungern zu lassen, ging meine Mutter zum Metzger und kaufte Gehacktes. Dieses verfütterten wir nun dem kleinen Vogel in regelmäßigen Abständen mit Hilfe einer Pinzette. Wir hätten ihn dauernd füttern können, denn er hatte ständig Hunger. Er fraß unglaubliche Mengen Fleisch und sonderte auch genauso viel ab. Binnen Kurzem roch das Badezimmer nicht mehr wie ein Badezimmer, sondern eher wie eine Galappagosinsel, nach Guano. Es stank grauslich. Meine Mutter und ich mussten nicht nur ständig füttern, nein, wir mussten auch ständig die Hinterlassenschaft des Vogels beseitigen, was sich auf die Dauer als ziemlich anstrengend herausstellte. Was tut man nicht alles für einen aus dem Nest gefallenes Vogelbaby?
Dieser Zustand dauerte mehrere Wochen. Der Vogel fraß, fraß und fraß, ohne sich merklich zu einem Vogelhalbstarken zu entwickeln und Anstalten zu machen seine schon gut entwickelten Flügel zu benutzen. Stattdessen begann er plötzlich zu mickern, ließ kränklich den Kopf hängen und kniff traurig seine Augen zu. Sein Appetit blieb ihm jedoch erhalten. Was tun? Nichts als weiterfüttern, denn es gab weit und breit keine Tierärzte, die sich für aus dem Nest gefallene Amseln interessierten.
Die Angelegenheit war zu einem nicht zu unterschätzendem Problem geworden, was sich allerdings eines Morgens von selbst gelöst hatte. Der Vogel war in der Nacht tot vom Handtuchhalter gefallen und wurde von meiner ziemlich unprätentiösen Mutter, die nicht lange fackelte, in die Abfalltonne entsorgt.
Im Sommer des gleichen Jahres beschäftigte mich ein anderes tierisches Phänomen auf ganz andere Weise. Die doppelflügelige Glastür vom Wohnzimmer zum Garten war täglich den ganzen Sommer über geöffnet und wurde nur zur Nacht geschlossen, was gelegentlich auch zu meinen Aufgaben gehörte. Bevor ich also die beiden Türen schloss, fiel mein Blick auf die der Türen gegenüber liegenden Wand. Dort befand sich unterhalb der Tapetenleiste etwas Seltsames auf dem Teppich. Ich konnte es in der Dämmerung nicht genau erkennen, es schien jedoch lang und schmal zu sein. Als ich mich auf meine Knie begab und es neugierig betrachtete, sah ich, dass dieses lange, schattenähnliche Etwas aus lauter kleinen Einzelwesen bestand. Da saßen dicht an dicht nebeneinander winzige Babyfrösche, mit dem Kopf zur Wand.
Da ich sie dort schlecht sitzen lassen konnte, nahm ich sie einen nach dem anderen und trug sie zurück in den Garten. Am nächsten Tag jedoch saßen sie wieder an der gleichen Stelle. Zunächst kostete es mich einige Überwindung die Frösche in meine Hand zu nehmen, jedoch fühlten sie sich nicht wie vermutet kalt und eklig, sondern erstaunlich warm und trocken an.
Diese Prozedur wiederholte sich jetzt wochenlang jeden Abend, solange bis die Frösche es aufgaben unser Wohnzimmer als Zufluchtsort zu wählen.

Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

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