Kinder,Kinder

Mit Federn besteckt!

by barbara wenzel-winter
Ältere Frauen pflegten mich seinerzeit mit sehnsüchtigem Blicken zu fragen, ob denn die Haarpracht meiner Kleinen echt sei, oder ob ich da nachgeholfen hätte? Nein, hatte ich nicht, brauchte ich auch nicht, denn Maxi hatte dies Gekräusel von ihrem Vater geerbt, dem zu diesem Zeitpunkt allerdings schon etliches davon oben auf seinem Kopf abhanden gekommen war. Aber erkennbar war immer noch, von wem unsere Tochter die Locken hatte. Von mir jedenfalls nicht, auch dies war klar, denn zu dieser Zeit ließ ich meine spagettigeraden Haare raspelkurz schneiden, mit anderen Worten ich trug den Igel. Ob nun diese meine Frisur Maxi dazu inspiriert  hatte, ihrerseits zur Schere zu greifen und Friseur zu spielen, weiß ich nicht. Auf jeden Fall erschien sie eines morgens mit ihrer kleinen Kinderschere in der Hand und verlangte, freudestrahlend auf ihren Kopf deutend, Beifall. Mir stockte der Atem, angesichts dessen, was ich da sah. Meine Zweijährige hatte sich fast sämtliche Locken abgeschnitten, allerdings in unregelmäßiger Länge. Sie sah tatsächlich so aus als sei sie unversehens in eine Häckselmaschine geraten oder als sei sie ein Vogel in der Mauser. Eben grauslich!
Ich konnte beim besten Willen keine Begeisterung heucheln, sie wäre mir im Halse stecken geblieben.
So ruhig, wie es mir  unter diesen Umständen möglich war, fragte ich meinen Srößling warum um alles in der Welt sie dies getan hatte?  Inzwischen war auch ihr die Euphorie abhanden gekommen, ob meines Entsetzens, sah mich ziemlich bedeppert an und zuckte hilflos mit ihren kleinen Schultern. Nach ein paar Minuten hatte ich mich wieder gefangen und so einigermaßen im Griff. Der kleine freche Wurzel sah wirklich saukomisch aus mit seinen Haarbüscheln, die alle eine unterschiedliche Länge zu haben schienen. Wie sollte ich in diese vermurkste Frisur Ordnung bekommen? Ich holte meine Haarschneideschere und versuchte das Unmögliche, ich schnitt Maxis Haare auf eine einheitliche Länge, nämlich auf die der kürzesten Stoppeln. Viel war nicht übrig geblieben, von ihrer gelockten Haarpracht, eigentlich gar nichts.

Aber da die Natur auch die kürzesten Haare nachwachsen lässt, musste ich halt nur genügend Geduld aufbringen. Die Zeit würde alles wieder in Ordnung bringen. Die kleine Haarkünstlerin überbrückte die Zeit des Nachwachsens, findig und phantasievoll in dem sie sich bunte Federn in die kurzen Fransen steckte.

Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

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