Geklaute Schneeglöckchen
Im Januar begannen Schneeglöckchen zu sprießen. Sie wuchsen wild an Straßen und Feldrändern und auch in den Vorgärten der Häuser. Für mich machten die jeweiligen Standorte keine großen Unterschied und wenn, dann kümmerte er mich nicht. Am üppigsten wuchsen die Schneeglöckchen ganz in unserer Nähe, vor dem Haus des katholischen Pfarrers. Ich fand sie so überirdisch schön, so verlockend, dass ich mich aufmachte, um meiner Mutter davon ein Sträußchen zu pflücken. Alles um mich herum war mir gleichgültig, nur das Objekt meiner Begierde war von Interesse und so strebte ich besagten Vorgarten an und bediente mich reichlich!
Als ich meiner Mutter mit strahlenden Augen den Strauß überreichte, fragte sie leicht misstrauisch, woher die Schneeglöckchen denn kämen.
Mit der harmlosesten Miene deutete ich die Straße hinunter. Dort unten um die Ecke, in der Nähe der Nims vor einem Haus hätten sie gestanden, antwortete ich ganz unbefangen. Meiner Mutter schwante nichts Gutes. Sie bohrte weiter: »Standen sie etwa vor dem Haus des Pfarrers?« Ich zögerte mit der Antwort. Ja, dort hätten sie gestanden und es seien ganz, ganz viele gewesen.
Ich hatte zwar gewusst, dass es der Vorgarten des Pfarrhauses gewesen war, aber mir war nicht bewusst, etwas Unrechtes getan zu haben. Meine Mutter grinste vor sich hin und meinte, das nächste Mal solle ich nicht gerade dem Pfarrer die Schneeglöckchen klauen. Wenn ich dabei erwischt würde, könne es unangenehm für mich werden.
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