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Die USA wollen den Datenschutz wegverhandeln

ZEIT ONLINE WIRTSCHAFT: von Julia Amberger

TTIP bedroht Datenschutz in Europa

Das verrät ein vertrauliches Dokument der US-Regierung. Bei einer TiSA-Runde vor ein paar Monaten drang ein Papier an die Öffentlichkeit, das belegt, dass die USA darauf abzielen, bestehende Datenschutzregeln abzuschaffen, die bislang den Datentransfer in Drittstaaten verbieten. Ihre Konzerne sollen Daten aus der EU heraus an andere Staaten weitergeben können. Gut informierten Kreisen zufolge ist dieser Entwurf zum Kapitel über elektronische Dienstleistungen identisch mit dem, den die USA den Chefunterhändlern der EU bei den TTIP-Verhandlungen vorgelegt haben.

Wortwörtlich heißt es darin: “Kein Unterzeichner darf einen Diensteanbieter eines anderen Unterzeichners daran hindern, Informationen zu übertragen, auf sie zuzugreifen, sie zu verarbeiten oder zu speichern. Das schließt persönliche Daten mit ein, wenn der Vorgang in Zusammenhang mit der Ausführung der Geschäfte des Diensteanbieters steht.” Das würde einen europäischen Datenschutz deutlich schwieriger machen.

Verbraucherorganisationen wie der Europäische Verbraucherverband BEUC, Privacy International und das Center for Digital Democracy warnen schon seit Längerem, dass TTIP das Datenschutzgrundrecht in der EU bedroht. Denn sowohl das geplante Freihandelsabkommen als auch die neue Datenschutzgrundverordnung sind europäische Gesetzgebung und daher gleichwertig. “Kommen mit TTIP auch die umstrittenen Schiedsgerichte, so könnten US-Konzerne dort gegen den Datenschutz klagen”, befürchtet John Phelan von der BEUC. “Dann würden nichtstaatliche Gerichte über das Datenschutzgrundrecht entscheiden.”
Enormer Druck auf die EU-Kommission

Zwar beteuert die EU-Kommission immer wieder, dass der Datenschutz gar nicht zur Verhandlung steht. Das Mandat der Kommission bezieht sich auf eine Ausnahmeklausel des Art. XIV des GATS-Abkommens, wonach Datenschutzregeln nicht als Handelshemmnis bewertet werden dürfen. Doch wer im Bundeswirtschaftsministerium nachfragt, erfährt, dass Fragen der Datenübermittlung sich nicht vollständig aus dem Abkommen ausschließen lassen.

Jan Philipp Albrecht, der Netzexperte der Grünen im EU-Parlament, arbeitet seit Jahren federführend am neuen EU-Datenschutz mit. Er befürchtet, dass das Engagement der Chefunterhändler der EU bei TTIP nicht ausreicht. “Die EU-Kommission muss ihren Handelspartnern klipp und klar sagen, dass TTIP nicht verabschiedet werden kann, wenn es darin um den europäischen Datenschutz geht”, fordert er. Sonst vermittle sie den USA “das Gefühl, es gebe etwas zu holen”.

Das wäre fatal, warnt Albrecht. Der Druck auf die Kommission sei enorm. Die USA versammelten derzeit Länder hinter sich, die ihren Wunsch nach dem freien Datenfluss unterstützten. “Zieht die EU bei TTIP keine klare Linie, steht sie in den TiSA-Verhandlungen womöglich alleine da”, warnt er.

Deshalb hat der Innen- und Justizausschuss des EU-Parlaments unter der Federführung von Albrecht eine Stellungnahme verfasst. Darin fordert er, dass die Kommission an der Ausnahme in GATS zum Schutz der persönlichen Daten festhalten muss – “und zwar ohne jegliche Vorbedingung, dass die Klausel mit anderen Teilen der TTIP im Einklang stehen muss”, heißt es unter 1 (d).

Die Stellungnahme ist Teil der TTIP-Resolution des EU-Parlaments, mit der das Parlament der Kommission seine Bedingungen für ein Ja zu dem geplanten Freihandelsabkommen klarmacht. 14 Ausschüsse haben an dem Papier mitgeschrieben. An diesem Donnerstag stimmt der Handelsausschuss darüber ab. Anfang Juni wird das Plenum die Resolution verabschieden.

Für die EU-Bürger steht bei TTIP viel auf dem Spiel: Es geht darum, ob sie die Kontrolle über ihr eigenes Leben und ihre Person behalten – oder ob Anbieter von IT-Diensten oder aus der freien Wirtschaft anhand ihrer Daten ihre Kreditwürdigkeit oder ihr Risiko für Krankenversicherungen errechnen. Ob die EU-Kommission sich an die Forderungen des Parlaments hält, ist noch unklar. Voraussichtlich werden die Verhandlungen erst im nächsten Jahr abgeschlossen sein. Dann wird sich zeigen, wer die Gewinner von TTIP sind: die Bürger oder die Konzerne im Silicon Valley

Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

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