Skovhuset
Heftiges Rascheln, Scharren und Kratzen hörten wir mitten in der Nacht hinter dem Kopfende unseres Bettes. Wer oder was war das? Waren es Einbrecher, die uns überfallen und ausrauben wollten? Jetzt erschien uns die einsame Lage unseres dänischen Ferienhauses nicht mehr so toll. Es bestand ganz romantisch vollkommen aus grauen unbehauenen Natursteinen, hatte ein grasbewachsenes Dach und stand ganz allein in der Kurve einer schmalen Landstrasse, weit ab von jeglicher menschlicher Behausung. Anfangs fanden wir diesen Umstand noch sehr angenehm, denn wir hatten wirklich keinen Bock auf touristisches Getümmel. Endlich mal weit und breit keine menschliche Seele. Der Besitzer des urigen Hauses, ein Mann mit Hintersinn, hatte uns verschmitzt mitgeteilt, der Name des Hauses sei Skovhused. Er zeigte uns alle Räume, es waren nicht viele, erklärte uns den Gebrauch der Propangasflaschen, die für Herd und Warmwasser zuständig waren und verschwand. Kurz hatte Naphtalie, so hiess unser Vermieter erwähnt, wir sollten uns mit der Dusche vorsehen und nicht erschrecken. Was es tatsächlich damit auf sich hatte, merkten wir am nächsten Morgen beim Duschen beziehungsweise kurz bevor das Wasser den Duschkopf verliess. Es knallte in dem langen schmalen Raum dermassen mörderisch, dass wir erwarteten, das Haus würde über uns zusammenstürzen. Ein Erlebnis für sich war auch, dass es in diesem Bad keine abgetrennte Dusche gab und der Duschschlauch dicht neben dem Klo aus der Wand ragte. Nach jedem Duschen stand deshalb das gesamte Bad samt Toilette unter Wasser und bevor wir dasselbe benutzen konnten, mussten wir geraume Zeit warten oder eben nasse Füsse in Kauf nehmen. Das wirkliche Abenteuer allerdings begann jedoch einige Tage nach unserer Ankunft mitten in der Nacht. Wir hatten schon ein paar Stunden geschlafen, als wir durch besagtes merkwürdiges Geräusch geweckt wurden. Erstarrt sassen wir beide auf unseren stark durchgelegenen Matratzen. Jetzt hätten wir einiges für Nachbarn ganz in unserer Nähe gegeben. Aber das einzige was sich in akzeptabler NÃähe befand, war ein Teich mit friedlich quakenden Fröschen. Nicht ein einziges blödes Auto fuhr vorbei. Es wäre in diesem Moment so tröstlich gewesen! Nein, stattdessen hörten wir nur dieses gemeine Scharren und Kratzen. Es verging wohl eine äusserst angstvolle Stunde, bis uns dämmerte, das konnten keine Menschen sein, die diese Geräusche erzeugten, denn sie waren wohl kaum so dämlich laut und zweitens müssten sie eigentlich schon längst im Haus drin gewesen sein. Nachdem wir uns ein Herz gefasst hatten, durchsuchten wir das gesamte Haus. Kein Anhaltspunkt für einen Einbruch, nicht mal für einen versuchten. Einige Nächte darauf ging das Kratzen erneut los. Es war nervig, aber es ängstigte uns nicht mehr so wie beim ersten Mal. Wir fragten uns nur, was oder wer glaubte mitten in der Nacht einen derartigen Lärm machen zu müssen. In diesem Urlaub fanden wir nicht des Rätsels Lösung. Wohl aber sechzehn Jahre später. Wieder hatten wir ein Ferienhaus in Dänemark gemietet. Diesmal waren unsere Kinder dabei. Mitten in der Nacht hörte ich über uns auf dem Dachboden ein Kratzen und Trappeln. Es artete zu einem ungeheuren Getobe aus. Der Spuk dauerte etwa eine halbe Stunde, dann war plötzlich Ruhe im Karton. Die Geräusche konnten beim besten Willen nicht von Menschen stammen, denn der Dachboden war nur etwa einen Meter hoch. Es konnten also nur irgendwelche Tiere sein. Welche Tiere ausser Marder waren in der Lage solch einen Lärm zu erzeugen? Konnte es sein, dass es auch seinerzeit Marder waren, die uns zu Tode erschreckt hatten?