Der Kotzbrocken

Jede Menge Blaubeerkuchen …

 

Er saß da und mampfte unseren gesamten Vorrat an Proviant seelenruhig in sich hinein. Mit gemischten Gefühlen sah ich ihm dabei zu, denn ein nagendes Hungergefühl stieg in mir auf und Wut.
Ich ließ ihn essen, denn es war mir wichtiger ihn bei Laune zu halten. Was aber tun, wenn das letzte mitgebrachte Butterbrot aufgefuttert war? Der Geiz meines Kotzbrockens war legendär. Nie und nimmer würde er mit mir hier im teuren Salzburg ein Restaurant besuchen. Zu allem Überfluss hatten wir an der Grenze nur mal gerade poplige zwanzig Mark in Österreichische Schilling eingetauscht
Heiß und schwül war es, während wir uns mit vielen anderen Touris gemeinsam durch die berühmte Getreidegasse, über Plätze an diversen Palais vorbei schoben. Dann schließlich noch, das musste sein, in ein Kuriositätenmuseum, in dem unter anderem Scheußlichkeiten, wie menschliche und tierische Embryen mit zwei Köpfen und drei Beinen in Spiritus ausgestellt waren.
Mich auf die Burg über unseren Köpfen zu quälen, dazu fehlte mir jedoch jegliche Lust.
Der Hunger nagte an meinen Gedärmen und meine Laune war an einem absoluten Tiefpunkt angelangt, aber zum Glück gab es wenigstens Konditoreien. Also rein und mit Kuchen eingedeckt. Gerne hätte ich jetzt Würstchen, welcher Art auch immer gegessen, aber eine profane Würstchenbude für nicht so gut betuchte Menschen, schien unter der Würde der Stadt Mozarts zu sein. Jedoch Blaubeerkuchen war etwas, was es hier in rauen Mengen gab, aber auch der war nicht besonders preiswert. Kaum raus aus dem Geschäft, stopfte ich mir schon das erste Stück in den Mund, obwohl er um einiges zu stark gesüßt war. Egal, der Hunger gab’s her. Anstand und Sitte waren mir angesichts meines Kohldampfs fast völlig abhanden gekommen. Und danach gleich ein Zweites und drittes hinterher. Mein Freund machte sich erbarmungslos über den Rest her, nachdem wir eine Parkbank am Ufer der Salzach ergattert hatten.
Wir blieben nicht lange allein auf unsrer Parkbank, mit rasantem Blick auf die Stadt, denn ein so genannter Penner, ein Obdachloser gesellte sich zu uns. Mit großer Geste und viel österreichischem Schmä begann er, uns Salzburg  zu erklären. Dieser soziologische und geschichtliche Diskurs aus ungewöhnlicher Sicht, nämlich aus der eines Obdachlosen war langatmig aber interessant. Nach etwa einer Stunde meinte er, gehen zu müssen und dafür, dass er uns gut unterhalten hätte, wie er meinte, verlangte er charmant, aber unerbittlich einen Obolus. Wir gaben ihm verblüfft, aber amüsiert unsere letzten Schillinge, denn diese Begegnung war bei Weitem das Bemerkenswerteste an Salzburg gewesen.
Mit Blick auf den in zwischen dunklen Himmel über uns und auf das drohende Gewitter, dass sich zu entladen drohte, machten wir uns schleunigst auf die Suche nach unserem in einem Vorstadtbezirk parkenden Golf. Die Schwüle entlud sich endlich. Die längsten und grellsten Blitze, die ich je gesehen hatte, sausten vor uns am Himmel nieder und der Regen wurde so stark, dass wir gezwungen waren, mitten auf einem Berg zu halten. Nichts ging mehr! Unsere Scheibenwischer hatten den Geist aufgegeben, angesichts der Wassermassen, die an der Windschutzscheibe herunter flossen.

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Jahrgang 1948, werde ich auf dem Gut Groß-Below in Mecklenburg-Vorpommern geboren. Nach der Flucht aus der DDR, lande ich mit meinem Vater, einem Hochbauingenieur, meiner Mutter und deren Mutter über mehrere Stationen, in Rheinland-Pfalz und der Eifel, schließlich im Ruhrgebiet...

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