- Interview
USA beenden Einsatz “Es ging nie um Afghanistan”
Stand: 31.08.2021 05:27 Uhr
Der Afghanistan-Einsatz der USA scheiterte, auch weil es Washington nie um das Land ging, sagt der Experte Conrad Schetter im Interview mit tagesschau.de. Aber auch die Bundespolitik habe jahrelang ihren Zielen keine Taten folgen lassen.
tagesschau.de: Die Amerikaner beenden nach 20 Jahren ihren Einsatz in Afghanistan und sind selbst entsetzt über ihr Scheitern: Was war der entscheidende Fehler bei diesem Einsatz?
Conrad Schetter: Es sind viele Fehler gemacht worden. Der erste Fehler, wie bei vielen Interventionen: Es ging nie um das Land selbst, es ging nie um Afghanistan. Die westliche Welt hat sich immer sehr um ihre eigenen Interessen gedreht. Das heißt: Man hat nie versucht, Afghanistan zu verstehen und einen Weg aus der afghanischen Perspektive heraus zu entwickeln. Das hat sich durch die gesamte Intervention hindurch gezogen. Das politische Modell für das Land wurde am Reißbrett in Brüssel und Washington entworfen. Afghanistan hat 40 Jahre Krieg erlebt, ist gesellschaftlich sehr traditionell geprägt – und das, was die Afghanen selbst wollten, ist nicht richtig zur Sprache gebracht worden.
Zur PersonConrad Schetter ist Director for Research am Internationalen Konversionszentrum Bonn (BICC) und lehrt Friedens- und Konfliktforschung am Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie in Bonn. Er beschäftigt sich seit 30 Jahren wissenschaftlich mit Afghanistan und hat verschiedene Publikationen und Bücher zum Land und seinen Konflikten veröffentlicht
Doppelte Standards – die ganze Zeit
tagesschau.de: 2001 ging zunächst darum, die Taliban zu besiegen, Al Kaida zu vertreiben – wenn ich Sie richtig verstehe, gab es darüber hinaus keine Vorstellung davon, was man in Afghanistan wollte und wie man es anstellen sollte?
Schetter: Es gab immer Widersprüche – militärisch und politisch. Auf der einen Seite hat man im Land Krieg geführt und die Taliban gejagt, auf der anderen Seite hat man den Afghanen versprochen, für ihre Sicherheit zu sorgen. Das war für die Afghanen nicht nachzuvollziehen. In der Politik hat man Demokratie gepredigt, dann aber hinter verschlossenen Türen die Interessen des Westens durchgesetzt, etwa bei der Frage, wer Präsident wird. Da wurden demokratische Spielregeln außer Kraft gesetzt. Diese doppelten Standards haben die Afghanen die gesamten 20 Jahre über erlebt.
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Ja, sie sind da, die AfDler, leider und sie sind nicht immer leicht erkennbar an den Deutschlandfahnen im Garten. Es sind Menschen, die es sich einfach machen, Menschen der einfachen Lösung, jenseits der Differenzierung und es werden immer mehr, leider! Aber wie immer, gibt es mehr als nur eine Seite. Es gibt Themen, die in unserer Gesellschaft, nicht bearbeitet werden, Tabuthemen also und die sind leider Wasser auf die Mühlen der Rechten. Es liegt an uns allen, ob das so bleibt und letzendlich zur Katastrophe wird.
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Was ist das für eine Welt, in der Menschen die Kriegsverbrechen begehen nicht bestraft werden, jedoch die, die diese Verbrechen aufdecken und anprangern schon. Wir alle müssen hart daran arbeiten, dass dies anders wird…..
Julian Assange darf vorerst nicht an die USA ausgeliefert werden – das hat soeben ein Gericht in London entschieden. Ein wichtiger Beschluss nicht nur für Assange selbst, dem in den USA bis zu 175 Jahren Haft drohen, sondern auch für die Presse- und Medienfreiheit. Assange muss nun nach jahrelanger Haft und Verfolgung endlich freigelassen werden!Es darf nicht sein, dass Länder, die sich selbst als „Demokratien“ bezeichnen, Journalisten und Aktivisten ins Gefängnis stecken, mit Isolationshaft und anderen Schikanen malträtieren, weil sie ihnen unliebsame Geschichten aufdecken. Julian Assange ist kein Verbrecher, er hatte mit den Wikileaks-Veröffentlichungen Kriegsverbrechen der USA unter anderem in Afghanistan öffentlich gemacht. Dafür verdient er einen Preis, keine Strafe.Ich erwarte daher auch von der deutschen Bundesregierung, dass sie die gestoppte Auslieferung unterstützen und für Assanges umgehende Freilassung einsetzt sowie ihm selbst Asyl in Deutschland anbietet. Denn sein Schicksal geht uns alle an: Wem die Meinungs- und Pressefreiheit am Herzen liegt, muss jetzt für die Freiheit von Whistleblowern wie Julian Assange kämpfen