Der kleine Ausklopfer

Meine Mutter besass zwei von der Sorte, einen kleinen und einen grossen. Der Grosse war dazu da, Teppiche auf der Teppichstange zu säubern, der Kleine hatte eine andere Aufgabe. Er war dazu da, mich im Notfall zu disziplinieren.
Ich gebe es zu, wenn auch schweren Herzens, ich konnte als Kind ein absolutes Biest sein. Gelegentlich machte es mir Spass, meine Mutter, die nicht leicht aus der Ruhe zu bringen war, so zu traktieren, dass sie doch die Kontrolle verlor.
Eines Tages kurz vor dem Mittagessen nervte ich so lange herum, bis meiner Mutter schliesslich der Geduldsfaden riss, sie wütend wurde und mich dazu verdonnerte, auf die Strasse zu gehen und den Rasen vor dem Haus so lange zu umrunden, bis sie mir vom Balkon ein Zeichen geben würde, meinen Marsch zu beenden. Wenn ich dies nicht täte, drohte sie mir, würde ich auch noch mit meinen zwölf Jahren Bekanntschaft mit dem kleinen Ausklopfer machen. Diese Demütigung, die sie da mir da zumutete, war wohl, abgesehen von der angedrohten Prügel, das Schlimmste, was sie mir seinerzeit antun konnte
Alle, praktisch alle, das ganze Haus, konnte mich von allen sechzehn Balkonen aus bei meiner Strafe beobachten. Alle konnten sehen, wie ich, scheinbar ohne Sinn und Verstand, zigmal um den Rasen dackeln musste. Welche Schmach, aber das war immer noch besser, als mich mit dem Oberkörper über einen Sessel legen zu müssen und meinen Hintern mit dem kleinen Ausklopfer bearbeiten zu lassen. Also wählte ich notgedrungen den Marsch vor dem Haus. Ich wanderte, wanderte und wanderte, immer zu unserem Balkon schielend und darauf wartend, dass mich meine Mutter erlösen würde. Ich musste viele Runden drehen, bis sie endlich ein Erbarmen hatte und mich wieder in unsere Wohnung liess. Um dem Ausklopfer zu entgehen hatte ich einen hohen Preis gezahlt.