Wechseljahre sind kein Thema in unserer Leistungsgesellschaft

Von Dezember 2001 bis April 2002 hatte ich deutlich weniger Schweißattacken. Ich fasste wieder mehr Mut und traute mich mit der Straßenbahn und mit dem Bus, statt wie bisher mit dem Taxi, zu fahren. Ab April jedoch ging es erneut los und es packte mich wieder eine starke Welle des Schwitzens, die sich so steigerte, dass ich meine eben begonnene Psychotherapie abbrechen musste. Ich konnte keinen klaren Gedanken über die Schweißausbrüche hinaus fassen.
Mich erfasste eine Stinkwut auf all die Sympthome, die mich so entsetzlich plattlegten. Gleichzeitig packte mich eine ungeheure Verzweiflung. Von meiner Tochter ließ ich mir eine Menge Bücher über das Klimakterium aus der Bibliothek heransschleppen, denn ich wollte endlich alles übers Klimakrerium erfahren, was ich nur erfahren konnte. Ich fraß mich durch die Bücher, die für mich nichts wirklich Neues brachte, eben die mir schon hinlänglich bekannte stereotype Aufzählung von eher harmlosen Befindlichkeiten. Zwei Bücher jedoch brachten neue Aspekte. Von einer amerikanischen Autorin erfuhr ich, dass Ärzte in unserer westlichen Welt klimakterische Beschwerden mitunter nur sehr schwer oder gar nicht erkennen. Ob sie nicht können oder nicht wollen, vermag ich nicht zu entscheiden, ich tippe eher auf Letzteres, denn das Thema Wechseljahre scheint nicht gerade populär zu sein.
Ich las mit großem Interesse die Schilderungen einer amerikanischen Juristin, die wegen massiver Kreislaufprobleme und Panikattacken eine Klinik in den USA aufsuchte. Dort wurden ihre Sympthome selbstverständlich nicht als das erkannt, was sie waren, nämlich klimakterische Symptome. Ihre mexikanische Haushälterin allerdings identifizierte diese Symtome sofort als Wechseljahresbeschwerden.
Dies zeigt ziemlich klar, dass Wechseljahre in unserer westlichen Leistungsgesellschaft irgendwie nicht stattfinden oder nicht stattzufinden haben und wenn, dann nur im Verborgenen.
Des weiteren las ich von einer deutschen Autorin, einer Wissenschaftsjournalistin, die so ähnlich wie ich selbst, in ihrem Schweiß fast ersoffen wäre und zunächst ihren Beruf für ein Jahr hat aufgeben müssen. Auch diese Frau konnte so wie ich, Termine außerhalb ihrer Wohnung nur mit großer Mühe wahrnehmen. Sie hielt diesen Zustand ein Jahr tapfer durch, um dann doch, zu Hormonen zu greifen.
Ich war nach dieser Lektüre ein klein wenig getröstet, denn ich empfand mich doch nicht ganz allein auf weiter Flur, wie ich es vermutet hatte.
Man will uns Frauen immer noch weismachen und das wahrscheinlich vom männlichen Teil der Bevölkerung , dass uns solche massiven Zustände nicht ereilen würden, wenn wir denn beruflich oder außerberuflich “voll” ausgelastet wären. Dem kann irgendwie nicht sein, die beiden Frauen von denen ich da gelesen hatte, waren genau, wie ich selbst voll ausgelastet.
Es hat mich und auch sie trotz allem gepackt. Es kann also nicht am mehr oder weniger “Augelastet-Sein” liegen….., wenn es uns denn ereilt.

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